Das Ehepaar Siggi Gies und Manuela Winter aus Gevelsberg liebt Tipp-Kick. Sie ist Deutsche Meisterin. Ein Interview über ein besonderes Spiel.
Tipp-Kick war vom ersten Tag an ein wichtiger Bestandteil in der Beziehung von Manuela Winter (46) und Siggi Gies (51). Er liebt den Sport seit Kindertagen und hat bei seiner Frau schnell eine ebenso große Begeisterung geweckt. Für den TKC 1986 Gevelsberg treten beide regelmäßig zu Turnieren an, Winter ist sogar mehrfache Deutsche Meisterin. Ein Gespräch über die Faszination des Spiels mit dem zwölfeckigen Ball.
Frau Winter, Herr Gies, wie haben Sie Ihre Leidenschaft für Tipp-Kick entdeckt?
Siggi Gies: Bei mir fing es früh an. Ich habe mit sieben Jahren von meiner Tante ein Rollspielfeld geschenkt bekommen. Anfangs habe ich für mich alleine die Bundesliga nachgespielt. Als ich etwas älter war, habe ich mit ein paar Freunden herausgefunden, dass es einen Verein in unserer Nähe gab. Mit 18 sind wir dann da zu einem Mannschaftsspiel hingegangen. Man fragte uns nach unserem Vereinsnamen, wir hatten aber gar keinen. Ich habe dann geguckt, wie der Gegner hieß. Das war der TKC 1980 Wuppertal. Und dann habe ich gesagt: Wir sind der TKC 1986 Gevelsberg. Das war die Geburtsstunde unseres Clubs.
Manuela Winter: Ich war immer Fußballfan, besonders von der TSG Sprockhövel. 2009 habe ich dann Siggi kennengelernt und eine Woche später habe ich ihn schon zu den Norddeutschen Meisterschaften in Hamburg begleitet. Da habe ich gesehen, dass dort Damen mitgespielt haben, die auch sehr gut waren. Und von da an war ich infiziert.
Wie schnell hat Ihre Karriere an Fahrt aufgenommen?
Winter: Ich habe schon drei Wochen später, an Ostern 2009 bei den Ostdeutschen Meisterschaften in Berlin mitgespielt. Da hatte ich vorher erst fünf, sechs Trainingseinheiten absolviert und war entsprechend Kanonenfutter.
Gies: Ihr Talent war damals schon zu erkennen, aber den Sport kann man nicht in einer paar Wochen erlernen und direkt auf Profiniveau kommen.
Winter: Ich war aber schon immer sehr ehrgeizig und habe in der Folge keine Trainingseinheit ausgelassen und an etlichen Testspielen teilgenommen. Meinen ersten Durchbruch hatte ich im Jahr 2012 bei der Berliner Pokalmeisterschaft. Damals hatte mich noch niemand auf dem Zettel. Ich habe dann im Finale Michaela Kögel besiegt, die bis heute meine ärgste Widersacherin ist. Wir treffen immer wieder in Halbfinal- und Finalspielen aufeinander.
Inzwischen haben Sie schon einige Titel gesammelt...
Winter: Ja, 2013 war ich erstmals Westdeutsche Meisterin. Dann ist meine Mutter verstorben und ich hatte einen Leistungsknick. Ich bin aber zurückgekommen und wurde 2015 erstmals Deutsche Meisterin – natürlich im Finale gegen Michaela Kögel. 2018 und 2019 konnte ich den Titel ebenfalls gewinnen.
Gibt es Preisgelder für so einen Titelgewinn?
Winter: Es gibt Pokale, aber keine Preisgelder. Zum Glück hat unser Verein inzwischen einige Sponsoren. Eine Auswärtsfahrt nach Berlin mit Übernachtung kostet ja auch mehrere hundert Euro.
Was war Ihr größter Erfolg, Herr Gies?
Gies: Ich bin 2018 Weltmeister geworden, allerdings in einem Turnier, das nicht vom offiziellen Deutschen Tipp-Kick-Verband ausgerichtet wurde. Da waren viele internationale Spieler dabei, darauf bin ich auch stolz.
Welche Faszination übt der Sport für Sie aus?
Gies: Wenn du an der Platte stehst, bist du in dem Moment dein eigener Spieler, Trainer, Manager und Mannschaftsarzt. Das ist anders als im echten Fußball. Es herrscht auch eine besondere Atmosphäre bei großen Turnieren, wenn in einer Halle 50 Spieltische stehen und sich 200 Leute dort tummeln. Das fühlt sich wie Wimbledon an.
Wie oft muss man trainieren, um so einen Titel gewinnen zu können?
Winter: Mindestens zweimal pro Woche muss man zwei bis drei Stunden spielen. Noch viel wichtiger sind aber Wettkämpfe. Sei es in Form von Mannschaftsspielen, die wir vor Turnieren dreimal die Woche machen, oder durch die Turniere selbst.
Gies: Es hat auch viel mit Mentalität zu tun. Du musst in der Lage sein, während eines Spiels die Konzentration zu 110 Prozent zu halten. In der Zeit darfst du auch die Zuschauer nicht wahrnehmen. Du hast nur das Spielfeld und den Gegner im Blick. Je nach Verlauf des Spiels musst du auch mal umstellen, schneller spielen, oder bei einer Führung Zeit verschleppen. Da ist auch viel Taktik mit im Spiel.
Spielen Sie auch privat oft gegeneinander?
Gies: Ja, zu zweit üben sehr viel Taktik. Ich bin mit meiner Spielart eher der Taktiker. Meine
Frau ist da anders...
Winter: Ich spiele immer direkt auf das Tor und habe eine gute Trefferquote. Ich versuche oft,
Bälle anzuschneiden. Wir arbeiten gemeinsam daran, dass die Bälle aus den Halbpositionen besser kommen.
Derzeit sind aufgrund von Corona alle Turniere auf absehbare Zeit abgesagt. Wie schmerzhaft war die Absage der Deutschen Meisterschaft für Sie?
Winter: Ich war heiß darauf und hatte sehr auf die DM in Wolfsburg hin trainiert. Das Hotel war schon gebucht. Daher war ich natürlich erst mal enttäuscht, aber inzwischen habe ich mich wieder gefangen. Im Oktober 2021 soll die nächste DM in der Nähe von Stuttgart steigen. Darauf bereite ich mich vor.
Glauben Sie, dass die lange Coronapause Ihren Ambitionen schaden wird?
Gies: Im Gegenteil! Ich bin sicher: Manuela wird 2021 noch stärker sein als 2018 und 2019. Die Tippkick-Welt steht im Moment still, 80 Prozent der Vereine trainieren nicht, weil sie nicht die Gegebenheiten haben. Wir haben ein neues Vereinsheim, in dem wir trainieren können und werden daher top vorbereitet sein. Wir sind „on fire“!